Man gewöhnt sich ja irgendwie an alles
Nach meiner achtmonatigen U-Haft im Maßregelvollzug, kam es zu meiner Gerichtsverhandlung. Ich wurde in Handschellen zum Landesgerichtsgebäude transportiert, beim Landesgericht wurde verhandelt, weil ich wie erwähnt Haftbeschwerde eingereicht hatte.
Der Saal war voll, und ich wurde von der Presse (Bild-Zeitung, Morgenpost, LVZ) ungefragt fotografiert. Das Bild wurde zwar retuschiert aber jemand der mich kannte…naja.
Es ging um mein Leben. Ich war mittlerweile zum Glück nicht mehr psychotisch dafür aber ziemlich depressiv und verängstigt von der Situation.
Nach einigen Zeugen und dem Staatsanwalt der die Anklageschrift vorlas, hatte ich das Wort und konnte mich äußern. Das fiel mir in diesem Rahmen verdammt schwer. Ich hatte einfach nur Angst. Ich sagte „Ich wollte meinen Vater nicht umbringen!“, der relativ junge Staatsanwalt meinte dazu es wäre eine so genannte „Schutzbehauptung“. Anders gesagt eine Lüge.
Wenn man psychisch krank und wie ich schuldunfähig ist, scheint der gute alte Satz „Im Zweifel für den Angeklagten!“ keine Bedeutung mehr zu haben. Man ist ja nicht zurechenbar, also potenziell gefährlich. Ich wurde wegen versuchten Todschlags verurteilt, ein Kapitalverbrechen.
Ich durfte mich dazu äußern und ich sagte schluchzend: „Geben sie mir noch eine Chance.“ Der Gutachter sagt zuvor irgendwas wie: „Der Angeklagte ist weitestgehend geheilt, es wäre jetzt nur noch ein prophylaktisches Wegsperren.“ Mein Urteil wurde auf Bewährung ausgesetzt. Ich kam frei. Meine Eltern, die mich nicht fallen ließen (Danke noch einmal dafür), nahmen mich zunächst zu Hause bei sich auf. Ich wurde ein letztes Mal in die Forensik transportiert um meine Sachen abzuholen. Innerhalb von 10 Minuten wurde mein Schrank gelehrt. Alles kam in einen riesigen Plastiksack und ich wurde von meinem Vater abgeholt. Ich hatte kaum Zeit mich von irgendjemand zu verabschieden…ich erinnere mich noch dunkel, dass wir kurz darauf gleich ins Steakhaus gingen um zu essen.
Anmerkung 2018:
Es stellte sich ein Vakuum ein. Es füllte sich zwar (sehr) langsam mit Luft…aber 10 Jahre danach hat sich zwar viel verändert…
…aber irgendwie war ich bis zum heutigen Zeitpunkt (2018) wohl einfach „medikamentenweichgespült“